Alle riefen danach. Jetzt gehen wir den lange gewünschten Schritt und bieten in TT einen Bausatz dieses wunderschönen Sächsischen Personenwagens an. Der „Mathildenwagen“, wie dieser Salonwagen des Sächsischen Hofes im Volksmund genannt wird, ist ab sofort bestellbar. Es erfolgen regelmäßige Nachproduktionen des Bausatzes.
Eine kurze Geschichte
Der Wagen wurde 1885 in Breslau für den Königlich Sächsischen Hof gebaut. Zu dieser Zeit existierten in Sachsen nur zwei bereits veraltete Hofsalonwagen sowie diverse Begleitfahrzeuge. Unser Wagen markierte den Beginn einer stückweisen Modernisierung des Königlichen Hofzuges. Natürlich entsprach das Fahrzeug in jeder Hinsicht dem technischen Stand seiner Zeit – sehr komfortables, dreiachsiges Fahrwerk, Abort, ein (einseitiger!) Faltenbalgübergang zu benachbarten Wagen, Gasbeleuchtung und Presskohlenheizung. Der Wagen trug formell die Wagennummer 447 und wurde als „Bauart entsprechend der lfd. Nr. 5“ im Wagenverzeichnis der K.Sächs.Sts.E.B. eingereiht.
Nach Ende der Monarchie wurde er zum Bahndienstwagen umgezeichnet und lief unter verschiedenen Nummern bei der Reichsbahn. Sein genauer Werdegang in dieser Zeit ist uns nicht bekannt, auch über seinen eventuellen Einsatz nach dem Krieg wissen wir nichts. Wir freuen uns über jegliche Hinweise dazu! Ab 1954 wurde der Wagen im Raw Karl-Marx-Stadt aufgearbeitet und steht seit 1956 in der Dauerausstellung des Verkehrsmuseums Dresden im Johanneum.
Der Bausatz
Wir haben uns große Mühe gegeben, um einen wirklich phantastischen Bausatz zu entwickeln. Die Waggonfabrik Quack & Salber hat sehr viel Energie investiert, um den Wagen für jedermann zugänglich zu machen. Der Kompromiss aus „einfach zu bauen“ und „wirklich detailgetreu“ ist aus unserer Sicht hervorragend gelungen. In unserer monatelangen Recherche waren wir wiederholt im VMD, um das Original zu besichtigen. Für die möglichst exakte Rekonstruktion der Farbgebung und Anschriften haben wir tausende historischer Fotos gewälzt und alte Dokumente durchstöbert. Ein riesiges Dankeschön geht hier an Nils Moh, welcher uns tatkräftig unterstützt hat! Im Ergebnis legen wir für die Epochen I und II sogar mehrere Decal-Varianten bei, so dass Sie die Möglichkeit haben, den Wagen optisch sehr exakt an ihr Modleljahr anzupassen und jedes Detail so zu gestalten, wie Sie es möchten! Und um’s wirklich perfekt zu machen haben wir uns schlussendlich entschieden, den Wagen sogar in mehreren Formvarianten anzubieten – es lohnt sich, mehrere zu bauen! 😉
Peter Gradussen von Peter’s Modelbouwatelier konstruierte für uns in etlichen Iterationen einen sehr detailgetreuen Wagenkasten. Dieser wird als sehr hochwertiges 3D-Druck-Teil geliefert, welches fast keine Nacharbeiten mehr erfordert. Das Dach besteht aus mehreren separaten Teilen, so dass die Dachflächen und der Oberlichtaufbau sich wirklich einfach lackieren lassen. Auch die sehr feinen gedruckten Treppchen und Anbauteile stammen von ihm. Die Fenster werden aus stabiler transparenter Folie fertig ausgelasert, selbst die Fensterrahmen liegen bereits fertig geschnitten aus farbigem Karton bei! Peter ist eigentlich H0-Bahner, daher sind wir um so dankbarer, dieses Projekt mit ihm in TT umsetzen zu können. Der Wagen wird voraussichtlich bei Peter auch als H0-Modell erscheinen.
Der Bau unseres ersten Vorschaumodells
Mike Ulber von MU Modellbau entwickelte für uns das Fahrwerk. Seine hervorragenden Konstruktionen dreiachsiger Güter- sowie sächsischer Personenwagen sind in der TT-Szene bekannt und hoch geschätzt. Das Augenmerk lag darauf, das Fahrwerk trotz der Verwendung von Ätzblech-Teilen wunderbar einfach zu halten, so dass auch weniger geübte Bastler sich getrost an dieses Projekt wagen dürfen. Alle Kleinteile sind fertig vorbereitet und müssen nur noch aus der Platine gelöst und angeklebt werden. Alle Löcher am Wagenkasten sind vorbereitet und sämtliche Teile passgenau konstruiert. Für viele Details liegen sogar mehrere Varianten bei, so dass Sie die Wahl haben, wie sie Ihr Exemplar ausgestalten möchten! Viele clevere Lösungen machen den Bau vergleichsweise schnell und unkompliziert. Der Wagen durchläuft alles ab R310 in gezogenem und auch geschobenem Zustand einwandfrei – dem Einsatz auf der heimischen Modellbahn steht also nichts im Wege!
Wir sind überzeugt, dass unser Bausatz sein Geld Wert ist. Er enthält wirklich alles, was man benötigt – nur Farbe, Klebstoff und Werkzeug muss der geneigte Bastler noch selbst stellen. Wir übernehmen bereits die schwierigsten Vorarbeiten für Sie. So wird der Wagenkasten nach dem Drucken bereits entstützt, gewaschen und gehärtet. Außerdem schneiden wir die Gewinde vor, mit welchen der Wagenkasten später auf dem Fahrwerk montiert wird und verpacken alles liebevoll in ein wirklich hübsches Schächtelchen – in jedem davon steckt viel Handarbeit!
Mythos „Mathildenwagen“
Wann sich die Bezeichnung „Mathildenwagen“ einbürgerte ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Die gerne kolportierte Behauptung, der Wagen wäre für Prinzessin Mathilde von Sachsen gebaut worden, welche darin häufige Reisen unternahm, um Inspiration für Ihre Malereien zu finden, erscheint uns jedenfalls unhaltbar.
Der Wagen wurde 1885 für seine Majestät König Albert gebaut. Zu diesem Zeitpunkt war dies der einzige moderne Salonwagen im Besitz des Hofes und löste die zwei veralteten zweiachsigen Wagen Nr. 443 und 444 ab, welche 1853 gebaut worden waren. Erst 1891 und 1900 wurde der Hofzug mit den Wagen Nr. 448 und 449 um zwei moderne Drehgestellwagen ergänzt. (Alles andere waren gewöhnliche Salonwagen oder sogenannte Hofgefolgewagen, welche zwar ebenfalls gut ausgestattet, aber nunmal für die Entourage des Herrschers bestimmt waren und nicht vorrangig für diesen selbst.)
Mathilde war lediglich eine von etlichen Nachkommen der Familie. Zur Entstehungszeit des Wagens 1885 war der König ihr Onkel Albert. Ihr eigener Vater, Georg von Sachsen, wurde nach dessen Tod gerade einmal für zwei Jahre König, bevor Mathildes Bruder als Friedrich August III. ihm auf dem Thron folgte. Sie selbst wurde von mehreren Heiratskandidaten verschmäht, blieb ihr Leben lang eher einsam und spielte auch am Hofe nie eine große Rolle, so weit überliefert ist. Es erscheint uns nicht plausibel, warum Könige und Thronfolger auf diesen Wagen hätten verzichten sollen, während man einer einfachen Prinzessin solchen Luxus zuerkannte. Ferner sind keinerlei Berichte über solch ausgedehnte Fahrten der Prinzessin bekannt, Berichte über die Nutzung des Wagens durch den König aber sehr wohl. Wir gehen daher davon aus, dass die gesamte Anekdote ins Reich der Phantasie gehört. Auch wenn der „Mathildenwagen“ heute unter diesem Namen wohlbekannt ist, war es ursprünglich doch eher nur der „Königliche Hofsalonwagen Nr. 447, Bauart gemäß lfd. Nr. 5 des Wagenverzeichnisses“. Geschichte kann soooo unspektakulär sein!
Aussehen damals und heute
Der Wagen wechselte im Laufe seines Lebens mindestens drei mal die Farbe. Bei seinem Bau war er dunkelbraun wie alle Personenwagen der I. bis III. Klasse der Königlich Sächsischen Staats-Eisenbahn. Dieser und alle späteren Hofsalonwagen glichen bis auf wenige Details optisch den normalen Wagen der Staatsbahn. Dieses volksnahe Auftreten war – zumindest in Bezug auf die Eisenbahn – typisch für den Sächsischen König Albert von Sachsen und seine Nachfolger. Sehr viel Wissenswertes zu diesem Thema verdanken wir den Recherchen von Nils Moh.
Nachdem der letzte Sächsische König meinte „nu da machd doch eiern Drägg alleene!“ hat die nun nicht mehr Königliche Staatsbahn ihn beim Wort genommen – und den Sonderling in einen Werkstattwagen für die Brückenmeisterei Dresden umgebaut. Aus dieser Zeit ist uns leider überhaupt nichts weiter bekannt – unsere Rekonstruktion zum mutmaßlichen Aussehen und Anschriften des Wagens beruhen auf den allgemein gültigen Vorschriften dieser Zeit. Hinweise auf konkrete Quellen zum Wagen sind uns sehr willkommen.
Wie genau es zur Aufarbeitung für das Verkehrsmuseum Dresden kam ist uns nicht bekannt. Auch die Umstände dieser „Restaurierung“ kennen wir nicht – bemerkenswert ist allerdings, wie falsch das Ergebnis wurde. Der Wagen trägt einen Grünton, welcher an Personenwagen der DR erinnert. Anschriften sind fast nicht vorhanden. Die gelb aufgemalten Kronen an den Türen passen eher zu Sächsischen Güterwagen und das Eigentumsmerkmal mit Wagennummer am Langträger ist aus Sicht der gewählten Schriftarten zumindest fragwürdig. Der Wagen trägt in seinem Inneren (wieder?) eine Gasbeleuchtung, aber weder einen Gaskessel unter dem Rahmen noch Gasabzugshauben auf dem Dach. Zumindest die Farbe der Fensterrahmen stimmt nach unserem aktuellen Wissensstand. Das Begleitschild im Museum kommentiert dazu „Der Salonwagen befindet sich im Restaurationszustand der 1950er Jahre“. Warum es damals, als man noch Augenzeugen der Originalzustände hätte fragen können, zu dieser Restaurierung kam, wissen wir leider nicht. Trotzdem sagen wir Dankeschön – dafür, dass hier ein wunderbares Stück Sächsische Eisenbahngeschichte erhalten wurde und dafür, dass wir den Wagen somit bis in Epoche VI einsetzen können 😉
- Hersteller: Waggonfabrik Quack & Salber in Kooperation mit MU Modellbau und Peter’s Modelbouwatelier
- Ankündigungsdatum: 29. September 2022
- Auslieferungsbeginn: Februar 2023, aktuell regelmäßige Nachfertigung
- Vertrieb: direkt, bitte per Mail anfragen
- Maßstab 1:120 (TT)
Status: Lieferbar
(100 MB; bitte haben Sie etwas Geduld beim Laden und speichern Sie die Anleitung lokal bei sich ab.)